Herz, Wahnsinn, Welt, Wunder
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Nö.

Dicke graue Wolken, ein fieser Wind, der draußen stürmt und drinnen pfeift, Trübsalmasken auf den Gesichtern und zu allem Überfluss auch noch … Montag! Allen Klischeeliebhabern dürfte jetzt muckelig warm ums Herz werden, oder?
Die ganze Stadt tanzt den obligatorischen Wochenanfangs-Blues & leidet, mehr oder minder, stillschweigend und bedeutungsschwanger vor sich hin.

Die ganze Stadt?
Nein!
Denn eine Frau bietet all dem Verdruss die Stirn und leistet munter Widerstand gegen die ihr sonst so lieb-vertraute Pöbelfront: ich!
Tatsache.

Denn egal ob das Wetter, der ÖPNV, die Menschen im ÖPNV (SKANDAL, wie können sie es wagen!), der Arbeitsplatz und seine Tücken* (*dt.: Kollegen), zu lange Schlangen im Supermarkt, Nieselregen, richtiger Regen, Sturmflut, oder, oder, oder … wir pöbeln und maulen nicht nur für unser Leben gern, wir tun es vorzugsweise auf ganz hohem Niveau. Und das Bitterste daran: genau das wissen wir auch.
Doch damit ist jetzt Schluss, ich habe keine Lust mehr. Klar erleichtert eine Prise gepflegtes Pöbeln meinen Alltag ungemein und für den Umstand, dass niemand meine Gedanken (die teilweise das HB-Männchen vor Neid und Scham erblassen lassen würden) lesen kann, schicke ich ungefähr seit meiner Pubertät täglich diverse Dankes-Stoßgebete gen Himmel … aber warum nicht einfach mal ohne?
Vermiest man sich im Grunde den Tag nicht selbst, wenn man seine Energie auf all das verschwendet, was einen ärgert? Und muss das sein?

Nö.

Ich lebe in der schönsten Stadt der Welt (und ja, bevor ich nicht meine Weltreise gemacht habe, halte ich an dieser Aussage fest) und bin mehr als dankbar dafür.
Jeden Tag.
Es ist für mich noch immer nicht selbstverständlich, mitten in der Stadt kreischende Möwen zu hören, überall frische Franzbrötchen zu bekommen und den herrlichsten Hamburger Schnack von allen Ecken in meine Ohren lassen zu dürfen – denn verdammt, das ist toll!
Zwar lebe ich mittlerweile nun schon über 2 Jahre so „richtig“ hier, ohne am Wochenende durch das halbe Land pendeln zu müssen, aber noch immer bringt mich genau diese Tatsache jeden Tag zum lächeln & mein Herz zum hüpfen.

Selbst an solchen Paradebilderbuch-Montagmorgen wie heute, an denen ich nach einer viel zu kurzen Nacht der fremden Vogelscheuche, äh ..Frau im Badezimmerspiegel nur müde zunicke und versuche, den Blickkontakt beim Zähneputzen (oder generell vor dem ersten Kaffee) weitestgehend zu vermeiden.
Selbst wenn mir schon vor 9 Uhr drölfzig mal etwas runterfällt, ich mich stoße, dämlich stolpere oder sonstwie zur allgemeinen, öffentlichen Erheiterung beitrage.
Selbst wenn mich mitten auf dem Weg zur Arbeit der Regen „überrascht“ und natürlich wie immer nicht von oben, sondern von allen Seiten kommt.
Selbst wenn die Autofahrer in Eppendorf es wieder einmal voraussetzen, dass Otto Normal-Fußgänger schon von weitem riechen kann wohin er/sie abbiegen möchte und deshalb einfach mal nonchalant auf das Blinken verzichtet.
Selbst wenn ich beim Bäcker dann genau diesen Autofahrer vor mir in der Schlange habe und er mir (noch viel nonchalanter) das letzte Lieblingsbrötchen wegkauft.
Und ja, selbst wenn dann in der Agentur die Arbeit wieder Burj Al Arab-ähnliche Ausmaße annimmt, da ein, zwei, drölf höchst wertgeschätzte Kunden den spontanen Anflug einer montäglichen Meinungsänderung haben. Alle. Zeitgleich. Und am besten bis Mittag.

SELBST DANN … reichen mir die Gedanken daran, WO ich bin, WARUM ich hier bin und das herrlich ehrliche „Moin moin, min Deern!“ des alten Mannes, der jeden Tag an derselben Straßenecke steht, damit es mir gut geht.

Zum Pöbeln bringt mich der normale Alltag schon lange nicht mehr.
Ich bin angekommen.

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